Einsatzbericht vom 01. Januar 2009, 00:00 Uhr
F3 Großbrand in der Altstadt an Neujahr
Jeder Brand in der Altstadt ist ein Alptraum: die dichte Bebauung, die schlechte Zugänglichkeit der Brandstelle, die steilen Dächer, die enorme Gefahr, dass das Feuer auf angrenzende Bauten übergreift. Auch wenn der Mut und die Umsicht der Feuerwehrleute zu loben sind: Es fehlte nicht viel, dass der Brand in der Silvesternacht auf das benachbarte Gemeindehaus Lamm übergesprungen wäre; der historische Tübinger Marktplatz entging nur knapp einer Katastrophe. „Glück im Unglück“ habe Tübingen gehabt, sagte Oberbürgermeister Boris Palmer in seiner Pressemitteilung. Weil keine Menschen zu Schaden kamen, weil der Marktplatz sein Gesicht behalten wird. „Zum Glück“ sei niemand im Haus gewesen, sagt auch dessen Besitzer Volker Römmig, während er sich mit seiner Familie, Verwandten, Mitarbeitern tapfer ans Aufräumen macht und doch kaum weiß, wo er zuerst anpacken soll. Aber solange sie etwas tun, bleiben die Gefühle und der Schock auf Distanz, die mit dem Verlust von vielem verbunden sind, was einem lieb und wert war. „Das Silvester-Chaos“, sagt der Marktplatzbewohner, „war schon lange ein Problem.“ Erst vor ein paar Jahren durchschlug eine Rakete ein Fenster. Die Briefkästen haben sie offen gelassen, nachdem sie regelmäßig mit Böllern aufgesprengt wurden. Das „Glück“ der Verschonung sollte den Tübingern, die jetzt nicht mit Aufräumen, Bewältigen und Wiederherstellen beschäftigt sind, eine Warnung sein und eine Mahnung zur Vernunft. Silvesterraketen sind brandgefährlich, das haben allein dieses Jahr drei Brände in Tübingen und Rottenburg auch den Verharmlosern bewiesen, in der Altstadt aber können sie besonders zerstörerisch wirken. In mehreren niedersächsischen Städten wurde das private Feuerwerk nach Bränden erfolgreich aus den historischen Zentren verbannt – das abgebildete Signet von Goslar ist nur ein Beispiel. In manchen Städten gibt es stattdessen in der Silvesternacht an sicherem Platz ein Feuerwerks-Schauspiel von professionellen Pyrotechnikern. Auch Nürnberg hat im Bereich seiner Burg das Knallern und Ballern verboten. Und warum sollte Tübingen nicht in der Lage sein, das neue Jahr ohne Raketen in der Altstadt zu begrüßen, wenn sogar die Pariser es schaffen? Zugegeben, nächtliche Glitzergarben haben ihren Charme in der dunklen Jahreszeit – aber nicht um diesen Preis. (Quelle: tagblatt.de)